[Rezension] Charlotte Lyne - "Kinder des Meeres"

Charlotte Lyne - Kinder des Meeres
Historischer Roman

Verlag: Lübbe-Verlag
Umschlaggestaltung: Johannes Wiebel | punchdesign
Umschlagabbildung: Johannes Wiebel | punchdesign, unter Verwendung von Motiven von shutterstock.com, Bridgeman Art Library und Richard Jenkins Photography
ISBN-13: 978-3-431-03906-1
Seiten: 638 Seiten
Erschienen: 14. November 2014

Buchrückentext
„England 1509. Die Werftkinder Fenella, Anthony und Sylvester wachsen gemeinsam in Portsmouth auf. Es ist die Zeit der Regentschaft Henrys VIII., eine Zeit des Umbruchs und der großen Hoffnungen. Während Sylvester in den Verheißungen der neuen Zeit aufblüht, gerät der hochbegabte Anthony immer wieder in Schwierigkeiten. Freunde bleiben sie dennoch – bis ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt wird, weil sie erkennen, dass sie beide Fenella innig lieben. Die Ereignisse spitzen sich zu, als die Franzosen den Hafen angreifen. Anthony und Sylvester befinden sich an Bord der Mary Rose, des Lieblingsschiffs des Königs. Es wird in dieser Schlacht untergehen, zusammen mit 700 Menschen, und nur einer der beiden Männer wird überleben: Anthony oder Sylvester …“

Meine Meinung
Mit anderen Büchern konnte mich Charlotte Lyne begeistern, deshalb war ich natürlich neugierig auf dieses Buch. Und auch „Kinder des Meeres“ hat mich berührt und auf eine Berg- und Talfahrt der Gefühle mitgenommen.

Es ist ein Buch über Freundschaft und Liebe, über Macht und Zweifel und über Menschen mit besonderen Begabungen - und den sich daraus ergebenden Problemen. Es ist ein Buch, das mich emotional berührt hat – im Guten wie im Schlechten. Ich habe gelacht und geflucht und mit den Protagonisten gelitten und gelebt. Und auch wenn das Ende kein klassisches Happy End ist, war ich doch versöhnt und habe das Buch mit einem guten Gefühl zugeschlagen.

Die Geschichte spielt in England, zur Zeit Henry des VIII. Zusammen am Hafen von Portsmouth aufgewachsen, sind Fenella, Anthony und Sylvester schon seit ihrer Kindheit Freunde, gemeinsam gehen sie durch dick und dünn, gemeinsam stehen sie für den anderen ein. Schon früh werden Fenella und Anthony ein Paar, doch ihre Liebe muss viele Prüfungen bestehen, denn der hochbegabte Anthony gerät immer wieder in Schwierigkeiten, und mit seiner eigenen Art, die Dinge und Menschen zu sehen und mit ihnen umzugehen, eckt er immer wieder bei den Anderen an. 

Die Charaktere sind alle wunderbar gezeichnet, Stereotypen sucht man vergeblich und durch ihre Ecken und Kanten wirken sie sehr natürlich und authentisch. Fenella, Anthony und Sylvester sind drei Protagonsiten, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Sylvester ist ein sympathischer Mann, der lange braucht, um sich seiner Selbst bewusst zu werden, obwohl er klug und charmant ist und von den Menschen geliebt und geachtet wird. Ihn habe ich im Laufe der Geschichte sehr zu schätzen gelernt. Zunächst wirkte er auf mich neben Anthony und Fenella noch etwas blass, aber nach und nach wurde er mir sympathischer mit seiner zwar zurückhaltenden, aber dennoch auch engagierten Art, vor allem aber seine Loyalität hat mir sehr gut gefallen. 

Auch Fenella mochte ich sehr gerne – sie war für mich ein Goldstück, eine Frau, die trotz aller widriger Umstände stets versuchte, das Beste aus den Dingen zu machen. Zwar konnte ich sie nicht immer verstehen und gerade in ihrer Beziehung zu Anthony schien sie mir zu angepasst und hat stets alles hingenommen, dennoch aber mochte ich ihre Art, mit Menschen umzugehen, sie anzunehmen und sich für sie einzusetzen. 

Mit Anthony habe ich mich dagegen sehr schwer getan. Zunächst fand ich ihn toll: Scheinbar schwach mit seinem verkrüppelten Knie ist er jedoch ein starker Charakter, der seinen Weg geht und sich so schnell durch nichts beirren lässt. Doch mehr und mehr verletzt er damit auch andere Menschen, und auch Nahestehende bleiben von seinen Kränkungen nicht verschont. Sicher geschehen diese nicht wissentlich oder absichtlich, dennoch aber hat es mich geschmerzt, dabei zuzusehen - und das war dann auch der Punkt, an dem ich ihn immer weniger leiden konnte. Vielleicht ist es tatsächlich so, dass er durch seine Hochbegabung die Welt anders wahrnimmt und sich auch in Beziehungen zu anderen Menschen einfach anders ist, dennoch aber fand ich seine Handlungen oft egoistisch und sehr verletzend für andere – auch wenn es vielleicht von ihm nicht so gewollt war. Andererseits hat die Geschichte durch Anthony gelebt, und er hat sie vorangetrieben – ohne ihn wäre das Buch sicherlich nicht so interessant gewesen und hätte mich auch nicht so sehr berühren können.

Toll fand ich die Verflechtung historischer Persönlichkeiten mit den erdachten Figuren. Man merkt gar nicht, wer eigentlich fiktiv ist und wer nicht, so geschickt hat Charlotte Lyne Wahrheit und Fiktion verknüpft. Henry VIII. ist eine sehr interessante Figur und durch das Lesen habe ich auch ihn näher kennenlernen dürfen. 

Der Schreibstil ist sehr angenehm – zwar nicht immer ganz leicht zu lesen, dafür aber sehr schön mit poetischen Passagen und tollen Beschreibungen. Ich habe mich als Teil der Geschichte gefühlt, das Wasser im Hafen von Portsmouth plätschern gehört, den Wind des Meeres spüren und das Salz schmecken können. Zwar hat die Geschichte am Anfang wenige Längen, doch ist man erst mal richtig in ihr angekommen, ist es interessant, spannend und fesselnd – ich jedenfalls habe das Buch nach dem ersten Drittel kaum mehr aus der Hand legen wollen. 

Mein Fazit
Eine interessante Geschichte über Freundschaft und Loyalität, dich mich hat sowohl Lachen als auch Fluchen lassen - außergewöhnliche Charaktere, die berühren und eine tolle Verknüpfung von Wahrheit und Fiktion, so hat man beim Lesen ganz nebenbei auch noch ein bisschen von der englischen Geschichte dazulernen können. Der Schreibstil ist gewohnt angenehm mit tollen Beschreibungen, die das Buch lebendig machen und mich haben zu einem Teil der Geschichte werden lassen. Zwar hat mich das Buch nicht gänzlich überzeugen können, dennoch aber gebe ich gerne 4/5 Sternen und freue mich auf weitere Bücher der Autorin. 


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