[Rezension] Emylia Hall - "Mein Sommer am See"

Emylia Hall - Mein Sommer am See
Gegenwartsliteratur

Verlag: btb-Verlag
Umschlaggestaltung: © semper smile, München
Umschlagabbildung: © plainpicture/Bias
ISBN-13: 978-3-442-74555-5
Seiten: 416 Seiten
Erschienen: 12. Mai 2014

Buchrückentext
„Eines Tages bekommt Beth ein Paket. Darin ein Album mit Fotos, Notizen und anderen Erinnerungsstücken, die sie noch nie zuvor gesehen hat. Das Buch unserer Sommer, in dem ihre Mutter Marika die Erinnerung an jene Sommerferien festgehalten hat, die Beth in ihrer Jugend bei ihr in Ungarn verbrachte. Schon lange hat Beth jeden Gedanken an diese Zeit weit von sich geschoben. Doch das Album bringt all ihre Erinnerungen wieder zurück – an die erste Liebe, an flirrend heiße Sommertage und kühle Waldseen. Und an den Tag, an dem alles zerbrach…“ 

Meine Meinung
Ich bin etwas zwiegespalten bei der Beurteilung des Buches, da es mich auf der einen Seite durch seine beeindruckende Sprache und den mich berührenden Schreibstil sehr gefangen hat, ich es zum anderen aber manches Mal einfach zu langatmig fand. 

Dabei ist die Idee wirklich toll: Beth bekommt ein kleines Päckchen mit einem Fotoalbum aus Ungarn, dem Land, wo sie sieben Sommer ihrer Kindheit und Jugend verbracht hat. Denn nach der Trennung ihrer Eltern ist ihrer Mutter Marika wieder in ihr Heimatland zurückgezogen und fortan hat Beth sie im Sommer dort besucht. Doch irgendwas hat zu einem Bruch geführt, was, erfährt man als Leser im Laufe der Geschichte. 

Beth erinnert sich an die vergangenen Zeiten, die Trennung ihrer Eltern und die damit jährlichen Sommer in Ungarn - ein wunderbares Land, ursprünglich und sehr lebendig. Die Sommer für Beth sind zunächst unbeschwert und verspielt, mit der ersten Liebe dann aufregend und besonders bis dann im letzten Sommer die Stimmung kippt. Ganz anders ist dagegen die Zeit in England – hier lebt Beth das restliche Jahr mit ihrem Vater, mit dem sie eine sehr eigene Beziehung pflegt. England scheint im Vergleich zu Ungarn trist und traurig, der Alltag prägt das Land und eigentlich wartet Beth immer nur auf ihren nächsten Sommer in Ungarn.

Die Charaktere sind gut ausgearbeitet, keiner ist irgendwie flach, sondern jeder besonders und sehr glaubwürdig. Gerade auch die verschiedenen Beziehungen – Beth und Marika, Marika und ihr neuer Partner, Beth und ihr Vater - haben mir sehr gut gefallen, sie sind so völlig verschieden und jede hat etwas ganz eigenes und das ist wunderbar dargestellt. Besonders Marika, Beths Mutter, hat mir gefallen, eine lebendige Frau, die auf ihr Herz hört und ihr Leben lebt, wie es ihr guttut. Vielleicht wirkt sie an der einen oder anderen Stelle etwas egoistisch, dennoch sprüht sie eine Lebenslust aus, die ich beeindruckend fand. Beth als Protagonistin habe ich gerne begleitet, miterlebt, wie aus dem Kind ein Teenager und schließlich eine junge Frau wird. Auch wenn ich ihre Handlungsweisen nicht immer nachvollziehen konnte, habe ich sie doch gemocht und mit ihr gelitten.

Der Schreibstil ist wirklich etwas ganz besonderes, sehr poetisch und eindringlich, dabei trotzdem gut und angenehm zu lesen. Immer wieder musste ich bei einigen Sätzen innehalten, um über sie nachzudenken. Die Autorin schafft mit ihrer Sprache eine ganz besondere Atmosphäre, ich habe sie als melancholisch und wehmütig empfunden, nicht unangenehm, aber mit einem Hauch von Nostalgie. Die Beschreibungen von Ungarn waren sehr eindrücklich, oft sehr ausführlich, so dass ich das Land vor Augen hatte, die Luft riechen und die verschiedenen Geräusche hören konnte, doch manche Passagen habe ich leider auch als langatmig empfunden. Gerade in den ersten Sommern passiert eigentlich nicht viel, dennoch sind sie sehr detailliert beschrieben, mir manches Mal leider zu detailliert. Die letzten Sommer dagegen hätten für mich ruhig etwas ausführlicher sein können, waren sie doch geprägt von einer aufkeimenden jungen Liebe.

Mein Fazit
„Mein Sommer am See“ ist ein ruhiges Buch, das mir vor allem des Sprachstils wegen sehr gefallen hat. Die Autorin schafft mit ihren Worten eine einzigartige Atmosphäre, in die ich gerne eingetaucht bin, und bietet einen wunderbaren Blick auf das Land und die Leute in Ungarn. Obwohl die Geschichte flüssig erzählt war, war sie mir an einigen Stellen zu langatmig, und ich hätte mir etwas mehr Geschehen gewünscht. Da mich der Schreibstil aber sehr beeindruckt hat, werde ich die Autorin weiter im Auge behalten und vergebe gerne 3,5 Sterne.


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