[Rezension] Jamie Ford - "Die chinesische Sängerin"

Jamie Ford - Die chinesische Sängerin
Gegenwartsliteratur

Verlag: Bloomsbury Berlin
Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Umschlagabbildung: © James Hardy//ZenShui/Corbis FinePic®, München
ISBN-13: 978-3-8270-1184-8
Seiten: 400 Seiten
Erschienen: 31. März 2014

Zum Inhalt 
Seattle, 1934: William ist schon seit Jahren im Kinderheim, über seinen Vater weiß er so gut wie nichts, die letzte Erinnerung an seine Mutter ist die einer leblosen Frau, die aus der Wohnung getragen wird. Bei dem jährlichen Kinobesuch an seinem Geburtstag sieht er auf der Leinwand eine Frau, die nur seine Mutter sein kann – da ist er sich sicher. Und nichts hält ihn davon ab, diese Frau zu treffen. William reißt aus und irrt durch Seattle – denn er muss einfach erfahren, was damals passierte.

Meine Meinung
Cover und Klappentext haben mich angesprochen, so dass ich sehr neugierig war auf dieses Buch. Die Geschichte um den kleinen William und seine Mutter Liu Song liest sich sehr angenehm durch einen flüssigen Schreibstil. Mal sind es Kapitel, die das Leben der Mutter beschreiben – diese spielen in den 20er Jahren – dann wieder Kapitel, in denen es mehr um William geht und die im Jahre 1934 spielen. Geschickt hat der Autor diese verschiedenen Lebensabschnitte miteinander verknüpft, besonders gefallen haben mir dabei die Beschreibungen der Kulisse, der chinesischen Kultur und die Probleme, die sich daraus ergeben haben. Die fiktive Handlung war historisch gut eingebunden und hat mir ein Stück amerikanische Geschichte näher gebracht, das mir so nicht bewusst war.

Für mich gab es bei diesem Roman zwei Protagonisten – William und seine Mutter. Beide Figuren waren mir beim Lesen sehr nahe, auch wenn ich in vielen Situationen wahrscheinlich anders gehandelt hätte. Die Umstände, unter denen William aufwächst, das Kinderheim mit seinen strengen Regeln und furchtbaren Zuständen, die aber vielleicht immer noch besser sind als manches Leben auf der Straße, sind schrecklich und berühren sehr. Manchmal scheint William jedoch sehr erwachsen und sein Handeln mir nicht altersgerecht. Vielleicht zwingt aber auch die Zeit, schnell erwachsen zu werden, um überhaupt irgendwie überleben zu können. Seine Mutter hat in ihrem kurzen Leben schon viel erleben müssen. Schmerz, Trauer, Verlust und die pure Angst ums Überleben bestimmten ihren Alltag. Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass ich Liu Songs Handeln oft nicht verstehen konnte, andererseits ist für mich ein Leben zu jener Zeit unter diesen Umständen nahezu unvorstellbar, so dass mir ein Beurteilen der Handlungen eigentlich nicht zusteht.

Jamie Ford hat es geschafft, mich durch seine Beschreibungen in die Zeit mitzunehmen und mich zu entführen, manche Passagen waren dadurch aber leider auch etwas langatmig. Dadurch ist für mich auch der Eindruck eines eher ruhigen Buches entstanden, obwohl doch eigentlich gerade im Leben Liu Songs sehr viel passiert ist.

Die Stimmung des Buches ist fast durchgängig melancholisch, vorherrschend in der Geschichte eine eher traurige Stimmung. Dies hat sich auf mich übertragen und nach Beenden der Lektüre fühlte ich mich bedrückt und eingeengt. Dazu kommt, dass mir das Ende ein wenig zu offen ist und sich dadurch viele Fragen auftun. Allen voran, wie es mit William und seiner Mutter weiter geht.     

Mein Fazit
Ein angenehm zu lesendes Buch, das mal einen ganz anderen Plot wählt, der aber sehr interessant ist und mir gut gefallen hat. Eine berührende Geschichte, stimmige und gut gezeichnete Figuren und die fast durchweg melancholische Stimmung machen dieses Buch zu etwas besonderem. Gestört haben mich lediglich das etwas offen gehaltene Ende, das neue Fragen aufwirft, und das bedrückende Gefühl, das bei mir nach Beenden des Buches geblieben ist. Dennoch gebe ich dem Buch knappe 4 Sterne.


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